Der Antizana ist für mich der Berg, der am eindrücklichsten für den Übergang vom andinen Hochland zum Amazonas-Tiefbecken steht, obwohl auch der Cayambe an dieser Bruchkante steht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er, wenn auch selten, auf der Fahrt über Baeza ins tropische Tiefland zu sehen ist, jenem magischen Übergang vom trockenen kühlen Altiplano ins feuchtheiße Oriente. Wir waren zu viert aufgebrochen, C.E. und ich mit zwei Freunden/Bekannten, die über sehr wenig Bergerfahrung verfügten, in einem, ich glaube gemieteten Jeep, der uns noch Probleme bereiten sollte. Wir gingen diesmal am Seil, in erster Linie wegen unserer zwei Begleiter. Der Antizana erwies sich als von Spalten durchpflügt, und wir mussten manches Mal zwischendurch absteigen, weil es an einer Stelle nach oben nicht mehr weiterging; das Abgeben von Höhenmetern ist bei einer so konditionell beanspruchenden Unternehmung natürlich physisch aber auch psychisch immer sehr unangenehm. Um zu vermeiden, dass alle dieses Auf und Ab mitmachen müssen, klinkte ich mich ab und an aus der Seilschaft aus, um nach einer spaltenfreien Route nach oben zu suchen. Ich hatte gerade eine neue Möglichkeit gefunden und war um eine Spalte herum zurückgestiegen, um den anderen zuzurufen, dass sie für den neuen Weg herunterkommen sollten. Sie standen zu diesem Zeitpunkt vielleicht dreißig Meter über mir. Urplötzlich rutschte einer unserer zwei Begleiter mit den Steigeisen weg und riss auf dem steilen Abhang die anderen in der Seilschaft, die keine Zeit für eine Gegenreaktion hatten, binnen Sekunden von den Beinen. Alle drei rutschten mit großer Geschwindigkeit auf mich zu, zwei rechts und einer links von mir. Und in der Mitte kam das sie verbindende Seil auf mich zu, um mich ebenfalls von den Beinen zu reißen. Etwa dreißig Meter unter uns hatten wir eine etwa  drei Meter breite Spalte passiert, in die wir hinunterschauen wollten, sie erschien abgrundtief, aber wir trauten uns nicht näher an sie heran; sie hatte Schneeüberhang. Die drei und das Seil rutschten auf mich und auf die Spalte zu. Das Seil kam genau auf mich zu. Panik erfasste mich, ich wollte nicht auch in die Spalte gerissen werden. Ich rammte den Eispickel vor mir in den Boden, um mich beim Springen über das Seil, die Steigeisen an den Füßen, darauf abzustützen. Dies glückte auch. Mit einem Ruck hielt das Seil an meinem Eispickel, zwei Männer hingen unter mir an der einen Seite vom Seil, ein Mann an der anderen Seite, alle drei nicht weit von der Spalte entfernt, in die sie gerissen worden wären. 1990 gab es keine Handys, geschweige denn, und das bis heute, Handyempfang; bei den noch zu schildernden Problemen mit dem Jeep hätte es drei Tage gebraucht, bis Hilfe herangeholt worden wäre. Riskante Unternehmungen für Familienväter. Wir hatten Glück gehabt. C.E. schenkte mir dann etwas später das Seil, an dem sie hingen, und es hängt bis heute in meinem Arbeitszimmer. Das heißt ich glaubte bis heute, dass das das Seil ist: Beim Betrachten der Dias stelle ich nun fest, das wir damals ein rotes Seil hatten, und bei mir hängt ein grünes (auf dem roten stand, wie im nachfolgenden Bilderfilm dokumentriert, sowieso dauernd jemand mit den Steigeisen drauf, was für die Reissfestigkeit suboptimal ist).                                                               Bilderfilm Antizana Vom Gipfel nach unten zurückgekehrt, sprang der Jeep nicht an. Es war nichts zu machen. Auch nicht mit Anrollen. Inzwischen war es dunkel geworden, die Fahrzeugbatterie leer von den vergeblichen Versuchen, das Biest zum Starten zu bewegen, und ich rannte mit der Stirnlampe den Weg voraus, um dem Jeep zu leuchten, in dem Charly  hinter mir her rollte. Aber er sprang nicht an. Es war Sonntagabend, am nächsten Morgen sollten wir zur Arbeit erscheinen, die Familien erwarteten uns, und keine Möglichkeit der Benachrichtigung. Es blieb uns nichts anderes übrig, als neben dem Weg erneut die Zelte aufzuschlagen. Am nächsten Tag kam Hilfe; die Familien hatten untereinander Kontakt aufgenommen und hatten die Überfälligen gesucht und gefunden. Noch ein Rest an Fotos vom andinen Hochland Ecuadors:                                                               Bilderfilm: Andine Natur Und: Zugfahrten in Ecuador sind ursprünglich:     Bilderfilm: Bucay - Alausi Und zu allerletzt auf der nächsten Seite: Der Garten Eden, Galápagos.        
Chronologisch passenderArtikel dazu in “Die Zeit”, 16.12.1994
Siegfried Trapp
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Der Antizana ist für mich der Berg, der am eindrücklichsten für den Übergang vom andinen Hochland zum Amazonas- Tiefbecken steht, obwohl auch der Cayambe an dieser Bruchkante steht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er, wenn auch selten, auf der Fahrt über Baeza ins tropische Tiefland zu sehen ist, jenem magischen Übergang vom trockenen kühlen Altiplano ins feuchtheiße Oriente. Wir waren zu viert aufgebrochen, C.E. und ich mit zwei Freunden/Bekannten, die über sehr wenig Bergerfahrung verfügten, in einem, ich glaube gemieteten Jeep, der uns noch Probleme bereiten sollte. Wir gingen diesmal am Seil, in erster Linie wegen unserer zwei Begleiter. Der Antizana erwies sich als von Spalten durchpflügt, und wir mussten manches Mal zwischendurch absteigen, weil es an einer Stelle nach oben nicht mehr weiterging; das Abgeben von Höhenmetern ist bei einer so konditionell beanspruchenden Unternehmung natürlich physisch aber auch psychisch immer sehr unangenehm. Um zu vermeiden, dass alle dieses Auf und Ab mitmachen müssen, klinkte ich mich ab und an aus der Seilschaft aus, um nach einer spaltenfreien Route nach oben zu suchen. Ich hatte gerade eine neue Möglichkeit gefunden und war um eine Spalte herum zurückgestiegen, um den anderen zuzurufen, dass sie für den neuen Weg herunterkommen sollten. Sie standen zu diesem Zeitpunkt vielleicht dreißig Meter über mir. Urplötzlich rutschte einer unserer zwei Begleiter mit den Steigeisen weg und riss auf dem steilen Abhang die anderen in der Seilschaft, die keine Zeit für eine Gegenreaktion hatten, binnen Sekunden von den Beinen. Alle drei rutschten mit großer Geschwindigkeit auf mich zu, zwei rechts und einer links von mir. Und in der Mitte kam das sie verbindende Seil auf mich zu, um mich ebenfalls von den Beinen zu reißen. Etwa dreißig Meter unter uns hatten wir eine etwa  drei Meter breite Spalte passiert, in die wir hinunterschauen wollten, sie erschien abgrundtief, aber wir trauten uns nicht näher an sie heran; sie hatte Schneeüberhang. Die drei und das Seil rutschten auf mich und auf die Spalte zu. Das Seil kam genau auf mich zu. Panik erfasste mich, ich wollte nicht auch in die Spalte gerissen werden. Ich rammte den Eispickel vor mir in den Boden, um mich beim Springen über das Seil, die Steigeisen an den Füßen, darauf abzustützen. Dies glückte auch. Mit einem Ruck hielt das Seil an meinem Eispickel, zwei Männer hingen unter mir an der einen Seite vom Seil, ein Mann an der anderen Seite, alle drei nicht weit von der Spalte entfernt, in die sie gerissen worden wären. 1990 gab es keine Handys, geschweige denn, und das bis heute, Handyempfang; bei den noch zu schildernden Problemen mit dem Jeep hätte es drei Tage gebraucht, bis Hilfe herangeholt worden wäre. Riskante Unternehmungen für Familienväter. Wir hatten Glück gehabt. C.E. schenkte mir dann etwas später das Seil, an dem sie hingen, und es hängt bis heute in meinem Arbeitszimmer. Das heißt ich glaubte bis heute, dass das das Seil ist: Beim Betrachten der Dias stelle ich nun fest, das wir damals ein rotes Seil hatten, und bei mir hängt ein grünes (auf dem roten stand, wie im nachfolgenden Bilderfilm dokumentriert, sowieso dauernd jemand mit den Steigeisen drauf, was für die Reissfestigkeit suboptimal ist).                                                               Bilderfilm Antizana Vom Gipfel nach unten zurückgekehrt, sprang der Jeep nicht an. Es war nichts zu machen. Auch nicht mit Anrollen. Inzwischen war es dunkel geworden, die Fahrzeugbatterie leer von den vergeblichen Versuchen, das Biest zum Starten zu bewegen, und ich rannte mit der Stirnlampe den Weg voraus, um dem Jeep zu leuchten, in dem Charly  hinter mir her rollte. Aber er sprang nicht an. Es war Sonntagabend, am nächsten Morgen sollten wir zur Arbeit erscheinen, die Familien erwarteten uns, und keine Möglichkeit der Benachrichtigung. Es blieb uns nichts anderes übrig, als neben dem Weg erneut die Zelte aufzuschlagen. Am nächsten Tag kam Hilfe; die Familien hatten untereinander Kontakt aufgenommen und hatten die Überfälligen gesucht und gefunden. Noch ein Rest an Fotos vom andinen Hochland Ecuadors:                                                                           Bilderfilm:                                              Andine Natur Und: Zugfahrten in Ecuador sind ursprünglich:           Bilderfilm:                                           Bucay - Alausi Und zu allerletzt auf der nächsten Seite: Der Garten Eden, Galápagos.        
Chronologisch passenderArtikel dazu in “Die Zeit”, 16.12.1994
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