Mit einer letzten Episode soll die kleine Geschichte vom Automobil CJ5 auf sich bewendet sein. Als ich, es mag ein Jahr her gewesen sein, wieder das Unglück hatte, eine hiesige Bank aufsuchen zu müssen (ich hatte wieder geraume Zeit für ein einfaches Begehr dort verbracht), fiel mir beim Verlassen derselben schon aus größerer Entfernung auf dem riesigen Parkplatz eine Menschenansammlung auf, die um ein Auto herumstand, über dem eine dichte Rauchwolke hing. Beim näheren Herankommen stellte sich dieses, es war für mich irgendwie verblüffend und vertraut zugleich (mein Unterbewusstsein ahnte es, mein Bewusstsein wollte es nicht wahrhaben) als das eigene Gefährt heraus. Die Motorhaube war aufgeklappt, obwohl ich sie mit einem Vorhängeschloss gesichert hatte, der Motorraum mit Löschschaum bedeckt. Ich trat in die Ansammlung, freilich ohne mich als Besitzer erkennen zu geben, und erkundigte mich, was es gegeben hätte. Die Sache stellte sich dann als relativ harmlos heraus. Das Batteriekabel war von der Motorhaube eingeklemmt worden und war unter gewaltiger Rauchentwicklung verschmort. Aus dem Laden nebenan waren kurzentschlossen zwei Männer gekommen, hatten mit einem Hammer das Vorhängeschloss geknackt und einen Feuerlöscher hinein gehalten. Als sich die gaffende Menge zerstreut hatte, gab ich mich als Besitzer zu erkennen, ein verbliebener Zuschauer erbot sich noch, das jetzt verkürzte Kabel zusammen zu flicken, und in diesem Zustand ist es heute noch und verrichtet seine Dienste. Ich klappte die Motorhaube runter, startete, und fuhr, nur durch den Geruch nach verschmortem Plastik und dem ins Wageninnere gedrungenen Löschschaum belästigt, nach Hause. Ohne Rücksicht auf Chronologie oder sonstige äußere Ordnung will ich versuchen, die weiter vorn angekündigte Bilanz zu ziehen. Sie soll einige Bezüge zu früher geäußerten Wünschen und Träumen herstellen, noch einige herausragende Ereignisse kurz rekapitulieren, und zum Ende einen Kurzabriss der jetzigen Situation darlegen sowie eine Vorschau auf künftige Veränderungen liefern. Same, Cabañas „Rampiral“, Montag, 04.11.1991, 11:30 Fast zwei Monate später: Wieder am Pazifik, die Zeit zwischen zwei Sprachkursen nutzend. Die Vertragsdauer an der Deutschen Schule Quito  ist beendet, wobei der letzte (sehr schwache) Schulleiter mir erst eine mündliche Zusage einer Verlängerung gemacht hatte und diese später mit zweifelhaften Behauptungen widerrief. Ich hatte mich deshalb nicht in Deutschland beworben und stand nun ohne Arbeitsplatz da. Daraufhin haben wir uns entschlossen, die erzwungene Freizeit bis mindestens zu dem in Deutschland im Herbst des nächsten Jahres beginnenden Schuljahres in Ecuador zu verbringen und von den Ersparnissen zu leben. Die Umstände bescherten mir die Muße, an der Universidad Católica del Ecuador den Spanisch-Abschluss zu machen. Das 5. Nivel, eine Gesamtrevision der Grammatik nebst einem Konversationskurs, in dem über Pareja Diezcansecos „Las tres ratas“ und über Allendes „La casa de los espíritus“ gesprochen wurde, liegt hinter mir, das 6. Nivel, ein reiner Literaturkurs, liegt vor mir. Die Nachmittage beinhalten Tennis- Trainerstunden, die ich auch in Angriff genommen hatte. Und jetzt wieder das Rauschen der Brandung, der kilometerlange menschenleere tropische Palmenstrand, die weiße Balustrade unserer Cabaña, ein Glas gut gekühlten „Ockfener Geisling“, Riesling Spätlese, vor mir. K. spielt mit Sand und Wasser, einen mädchenkinderhaften runden Sonnenhut auf, einige wenige kleine Fischkutter ziehen vorbei, schleppen, aufgehängt an langen seitlichen Auslegern, das große Grundnetz hinter sich her. Abgesehen von Ameisen und kleinen kleinen Käfern, die unter das Hemd kriechen und wieder verschwinden, einen lästigen Juckreiz hinterlassend, ein lebenswertes Stück Leben, wäre nicht die Ungewissheit der beruflichen Zukunft und die tägliche Gewissheit, dass das Barvermögen schmilzt. Doch zurück zur Pflicht, zur angekündigten Bilanz. Drei Kapitel  soll sie noch umfassen: „Herausragende Ereignisse“, „Bezug zu Wünschen und Träumen“, und „Vorschau auf den Wechsel“. An die Arbeit: Herausragende Ereignisse. Das Unangenehme zuvorderst. Der zweite bewaffnete Raubüberfall ereignete sich in Kolumbien, genauer in Popayán, in Sichtweite einer Kirche am ersten Weihnachtsfeiertag. Hier möchte ich, wie beim ersten Überfall, wieder ein bisschen weiter ausholen. Im Sommer 1986 hatte ich in Deutschland einen dicken 7er BMW gekauft und nach Hamburg zum Verschiffen gefahren. Zurück in Quito erhielt ich von der Reederei die Nachricht, dass das polnische Transportschiff Havarie erlitten habe. Meine einige Tage andauernde Hoffnung, dass die Ladung verloren gegangen sei (das Fahrzeug war sehr gut versichert) erfüllte sich leider nicht, das Fahrzeug wurde samt Ladung in den Bananenhafen Puerto Bolívar geschleppt. Als ich die Zollfreischreibung in Empfang nahm erklärte mir der „Tramitador“, eine in Lateinamerika unverzichtbare Person, die sich gegen Bezahlung um Amtswege und Bürokratie kümmert, dass sich zwischenzeitlich die Einfuhrbestimmungen (rückwirkend) geändert hätten und ich demzufolge USD 23.000,- an Importsteuern zu zahlen hätte. Die hatte ich schon mal gar nicht, das Fahrzeug war mit einem Bankkredit gekauft worden, für den mein Vater (ohne das Wissen meiner Mutter, die ihre Zustimmung nicht gegeben hätte) eine Bürgschaft unterschrieben hatte. Während der folgenden acht Monate, in denen ich über Beziehungen und/oder Bestechungsgelder versuchte, dieses Damoklesschwert abzuwenden, stand das noble Fahrzeug im Freien im tropischen Hafen von Guayaquil, den Kofferraum voll mit (illegal mitgebrachten) Ersatzteilen. Ein vorausgegangener Importskandal mit Mercedes-Fahrzeugen hatte jedoch die Zollbehörden verunsichert; ich versuchte einen ganzen Tag lang im schwülheißen Hafen von Guayaquil mitgebrachte USD 2.000,- in kleinen Scheinen an den entsprechenden Mann zu bringen, aber mir fehlte auch jegliche Erfahrung auf diesem Gebiet, und Bn. und ich kehrten unverrichteter Dinge wieder nach Quito zurück. Dann erfuhr ich, dass die Zollherausgabe mit einem „Carnet de passage“ möglich sei. Dieses galt für drei Monate, danach musste das Fahrzeug das Land verlassen. So fuhr ich alle drei Monate nach Ipiales, dem kolumbianischen Grenzort, etwa 250 km von Quito entfernt, vier bis fünf Stunden Fahrzeit auf der Panamericana, manchmal übernachtete ich in Tulcán, dem auf der ecuadorianischen Seite gelegenen Grenzort, manchmal fuhr ich postwendend zurück, nachdem ich die Grenzstempel in das „Carnet de Passage“ bekommen hatte, mit denen ich ein weiteres Vierteljahr im Lande fahren konnte, allerdings nicht ohne jeweils ein paar Flaschen des dem ecuadorianischen weit überlegenen ausgezeichneten kolumbianischen Rums mit nach Quito zu nehmen, meist Ron de Caldas. Nach vielleicht einem Jahr wurde glücklicherweise die Einfuhrmarge für Importfahrzeuge erweitert. Nach Absprache mit dem ecuadorianischen Außen- und Finanzministerium war es jetzt nur noch notwendig, das Fahrzeug noch einmal außer Landes zu bringen und dann wieder auf dem Landweg einzuführen. Dafür bot sich ein Ausflug nach Kolumbien an, und an Weihnachten 1986 waren wir aus diesem Grund in Popayán. Die Fahrt wurde mehrmals unterbrochen von Kontrollen schwerbewaffneter Männer, Militärs oder Paramilitärs, und von Kindern, die Schnüre über die Straße spannten, oder gar mit großen Steinen die Panamericana versperrten, um eine Weihnachtsgabe zu erpressen. In Popayan bezogen wir das Hotel „Monasterio“ und überreichten uns am Heiligabend unsere heimlich mitgebrachten Geschenke. An dieser Stelle kommt jedoch ein Einwand Bn.s: An Heiligabend hatten wir uns gestritten, was die Übergabe der milden Gaben verhinderte. Das hat den Verlust von Bn.s neuer Uhr durch die Geschehnisse des folgenden Tags sehr wahrscheinlich verhindert. Am nächsten Tag besichtigten wir das Städtchen. Von den Schäden des verheerenden Erdbebens von vor dreieinhalb Jahren sahen wir nicht mehr viel, die Risse in den Kirchen ausgenommen. An einer der Kirchen endete der Stadtkern, und wir waren kaum 50m außerhalb, als zwei Jugendliche an uns herantraten, signifikant unter Entzugserscheinungen: Cold turkey. Dienstag, 05.11.1991, 12:00 Die gestrigen Aufzeichnungen wurden durch einen Abstecher nach Atacames unterbrochen,  wo wir beim „Alten Fritz“ Pfeffersteaks mit Bratkartoffeln aßen. Der alte Fritz: Ein 61- jähriger Ex-Kellner, vor 22 Jahren nach Ecuador gekommen, Hotel in Machala/Puerto Bolívar, dann Bewirtschaftung beim Bau der Öl-Pipeline im Oriente, und jetzt dieses Restaurant in Atacames, allerdings momentan Geschäftseinbruch, da wegen der augenblicklichen Cholerafälle die Touristen wegbleiben. Mehrere Ehen, sieben Kinder; die in den Tropen notwendigen anderen Techniken der Essenszubereitung. Der Löwensenf, den die Di. aus Deutschland für ihn mitgebracht hatten, bereitete eine gute Gesprächsatmosphäre. Zurück nach Popayán. Die zwei etwa 20jährigen bedrohten uns mit ihren Taschenmessern, sie standen etwa 2m von uns weg, Bn. im 5. Monat schwanger. Ähnlich wie beim Raubüberfall 1985 in Quito, allerdings diesmal weniger professionell,  vermieden es die Banditen, nah an uns heranzutreten, wieder waren sie hochgradig nervös und wirkten völlig unberechenbar, zitternd und schreiend, und es schien ratsam, zumindest um Schnittwunden an Armen und Gesicht zu vermeiden (ganz abgesehen vom schwangeren Zustand Bn.s), auf körperliche Gegenwehr zu verzichten. Das Geld, das ich am Körper trug, bekamen sie nicht, wohl aber unsere Fototaschen. Nach dem Diebstahl eineinhalb Jahre zuvor in Lago Agrio  war es bereits das zweite Mal, dass ich eine komplette Spiegelreflexausrüstung abschreiben musste,  natürlich unversichert; und ein Grund, dann später von Canon auf Nikon zu wechseln.
Siegfried Trapp
Willkommen Bienvenido Welcome  
Suche auf den Seiten von strapp.de:
Bilderfilm Same/Ecuador
© strapp 2019
Mit einer letzten Episode soll die kleine Geschichte vom Automobil CJ5 auf sich bewendet sein. Als ich, es mag ein Jahr her gewesen sein, wieder das Unglück hatte, eine hiesige Bank aufsuchen zu müssen (ich hatte wieder geraume Zeit für ein einfaches Begehr dort verbracht), fiel mir beim Verlassen derselben schon aus größerer Entfernung auf dem riesigen Parkplatz eine Menschenansammlung auf, die um ein Auto herumstand, über dem eine dichte Rauchwolke hing. Beim näheren Herankommen stellte sich dieses, es war für mich irgendwie verblüffend und vertraut zugleich (mein Unterbewusstsein ahnte es, mein Bewusstsein wollte es nicht wahrhaben) als das eigene Gefährt heraus. Die Motorhaube war aufgeklappt, obwohl ich sie mit einem Vorhängeschloss gesichert hatte, der Motorraum mit Löschschaum bedeckt. Ich trat in die Ansammlung, freilich ohne mich als Besitzer erkennen zu geben, und erkundigte mich, was es gegeben hätte. Die Sache stellte sich dann als relativ harmlos heraus. Das Batteriekabel war von der Motorhaube eingeklemmt worden und war unter gewaltiger Rauchentwicklung verschmort. Aus dem Laden nebenan waren kurzentschlossen zwei Männer gekommen, hatten mit einem Hammer das Vorhängeschloss geknackt und einen Feuerlöscher hinein gehalten. Als sich die gaffende Menge zerstreut hatte, gab ich mich als Besitzer zu erkennen, ein verbliebener Zuschauer erbot sich noch, das jetzt verkürzte Kabel zusammen zu flicken, und in diesem Zustand ist es heute noch und verrichtet seine Dienste. Ich klappte die Motorhaube runter, startete, und fuhr, nur durch den Geruch nach verschmortem Plastik und dem ins Wageninnere gedrungenen Löschschaum belästigt, nach Hause. Ohne Rücksicht auf Chronologie oder sonstige äußere Ordnung will ich versuchen, die weiter vorn angekündigte Bilanz zu ziehen. Sie soll einige Bezüge zu früher geäußerten Wünschen und Träumen herstellen, noch einige herausragende Ereignisse kurz rekapitulieren, und zum Ende einen Kurzabriss der jetzigen Situation darlegen sowie eine Vorschau auf künftige Veränderungen liefern. Same, Cabañas „Rampiral“, Montag, 04.11.1991, 11:30 Fast zwei Monate später: Wieder am Pazifik, die Zeit zwischen zwei Sprachkursen nutzend. Die Vertragsdauer an der Deutschen Schule Quito  ist beendet, wobei der letzte (sehr schwache) Schulleiter mir erst eine mündliche Zusage einer Verlängerung gemacht hatte und diese später mit zweifelhaften Behauptungen widerrief. Ich hatte mich deshalb nicht in Deutschland beworben und stand nun ohne Arbeitsplatz da. Daraufhin haben wir uns entschlossen, die erzwungene Freizeit bis mindestens zu dem in Deutschland im Herbst des nächsten Jahres beginnenden Schuljahres in Ecuador zu verbringen und von den Ersparnissen zu leben. Die Umstände bescherten mir die Muße, an der Universidad Católica del Ecuador den Spanisch- Abschluss zu machen. Das 5. Nivel, eine Gesamtrevision der Grammatik nebst einem Konversationskurs, in dem über Pareja Diezcansecos „Las tres ratas“ und über Allendes „La casa de los espíritus“ gesprochen wurde, liegt hinter mir, das 6. Nivel, ein reiner Literaturkurs, liegt vor mir. Die Nachmittage beinhalten Tennis-Trainerstunden, die ich auch in Angriff genommen hatte. Und jetzt wieder das Rauschen der Brandung, der kilometerlange menschenleere tropische Palmenstrand, die weiße Balustrade unserer Cabaña, ein Glas gut gekühlten „Ockfener Geisling“, Riesling Spätlese, vor mir. K. spielt mit Sand und Wasser, einen mädchenkinderhaften runden Sonnenhut auf, einige wenige kleine Fischkutter ziehen vorbei, schleppen, aufgehängt an langen seitlichen Auslegern, das große Grundnetz hinter sich her. Abgesehen von Ameisen und kleinen kleinen Käfern, die unter das Hemd kriechen und wieder verschwinden, einen lästigen Juckreiz hinterlassend, ein lebenswertes Stück Leben, wäre nicht die Ungewissheit der beruflichen Zukunft und die tägliche Gewissheit, dass das Barvermögen schmilzt.Doch zurück zur Pflicht, zur angekündigten Bilanz. Drei Kapitel  soll sie noch umfassen: „Herausragende Ereignisse“, „Bezug zu Wünschen und Träumen“, und „Vorschau auf den Wechsel“. An die Arbeit: Herausragende Ereignisse. Das Unangenehme zuvorderst. Der zweite bewaffnete Raubüberfall ereignete sich in Kolumbien, genauer in Popayán, in Sichtweite einer Kirche am ersten Weihnachtsfeiertag. Hier möchte ich, wie beim ersten Überfall, wieder ein bisschen weiter ausholen. Im Sommer 1986 hatte ich in Deutschland einen dicken 7er BMW gekauft und nach Hamburg zum Verschiffen gefahren. Zurück in Quito erhielt ich von der Reederei die Nachricht, dass das polnische Transportschiff Havarie erlitten habe. Meine einige Tage andauernde Hoffnung, dass die Ladung verloren gegangen sei (das Fahrzeug war sehr gut versichert) erfüllte sich leider nicht, das Fahrzeug wurde samt Ladung in den Bananenhafen Puerto Bolívar geschleppt. Als ich die Zollfreischreibung in Empfang nahm erklärte mir der „Tramitador“, eine in Lateinamerika unverzichtbare Person, die sich gegen Bezahlung um Amtswege und Bürokratie kümmert, dass sich zwischenzeitlich die Einfuhrbestimmungen (rückwirkend) geändert hätten und ich demzufolge USD 23.000,- an Importsteuern zu zahlen hätte. Die hatte ich schon mal gar nicht, das Fahrzeug war mit einem Bankkredit gekauft worden, für den mein Vater (ohne das Wissen meiner Mutter, die ihre Zustimmung nicht gegeben hätte) eine Bürgschaft unterschrieben hatte. Während der folgenden acht Monate, in denen ich über Beziehungen und/oder Bestechungsgelder versuchte, dieses Damoklesschwert abzuwenden, stand das noble Fahrzeug im Freien im tropischen Hafen von Guayaquil, den Kofferraum voll mit (illegal mitgebrachten) Ersatzteilen. Ein vorausgegangener Importskandal mit Mercedes-Fahrzeugen hatte jedoch die Zollbehörden verunsichert; ich versuchte einen ganzen Tag lang im schwülheißen Hafen von Guayaquil mitgebrachte USD 2.000,- in kleinen Scheinen an den entsprechenden Mann zu bringen, aber mir fehlte auch jegliche Erfahrung auf diesem Gebiet, und Bn. und ich kehrten unverrichteter Dinge wieder nach Quito zurück. Dann erfuhr ich, dass die Zollherausgabe mit einem „Carnet de passage möglich sei. Dieses galt für drei Monate, danach musste das Fahrzeug das Land verlassen. So fuhr ich alle drei Monate nach Ipiales, dem kolumbianischen Grenzort, etwa 250 km von Quito entfernt, vier bis fünf Stunden Fahrzeit auf der Panamericana, manchmal übernachtete ich in Tulcán, dem auf der ecuadorianischen Seite gelegenen Grenzort, manchmal fuhr ich postwendend zurück, nachdem ich die Grenzstempel in das „Carnet de Passage“ bekommen hatte, mit denen ich ein weiteres Vierteljahr im Lande fahren konnte, allerdings nicht ohne jeweils ein paar Flaschen des dem ecuadorianischen weit überlegenen ausgezeichneten kolumbianischen Rums mit nach Quito zu nehmen, meist Ron de Caldas. Nach vielleicht einem Jahr wurde glücklicherweise die Einfuhrmarge für Importfahrzeuge erweitert. Nach Absprache mit dem ecuadorianischen Außen- und Finanzministerium war es jetzt nur noch notwendig, das Fahrzeug noch einmal außer Landes zu bringen und dann wieder auf dem Landweg einzuführen. Dafür bot sich ein Ausflug nach Kolumbien an, und an Weihnachten 1986 waren wir aus diesem Grund in Popayán. Die Fahrt wurde mehrmals unterbrochen von Kontrollen schwerbewaffneter Männer, Militärs oder Paramilitärs, und von Kindern, die Schnüre über die Straße spannten, oder gar mit großen Steinen die Panamericana versperrten, um eine Weihnachtsgabe zu erpressen. In Popayan bezogen wir das Hotel „Monasterio“ und überreichten uns am Heiligabend unsere heimlich mitgebrachten Geschenke. An dieser Stelle kommt jedoch ein Einwand Bn.s: An Heiligabend hatten wir uns gestritten, was die Übergabe der milden Gaben verhinderte. Das hat den Verlust von Bn.s neuer Uhr durch die Geschehnisse des folgenden Tags sehr wahrscheinlich verhindert. Am nächsten Tag besichtigten wir das Städtchen. Von den Schäden des verheerenden Erdbebens von vor dreieinhalb Jahren sahen wir nicht mehr viel, die Risse in den Kirchen ausgenommen. An einer der Kirchen endete der Stadtkern, und wir waren kaum 50m außerhalb, als zwei Jugendliche an uns herantraten, signifikant unter Entzugserscheinungen: Cold turkey. Dienstag, 05.11.1991, 12:00 Die gestrigen Aufzeichnungen wurden durch einen Abstecher nach Atacames  unterbrochen,  wo wir beim „Alten Fritz“ Pfeffersteaks mit Bratkartoffeln aßen. Der alte Fritz: Ein 61-jähriger Ex-Kellner, vor 22 Jahren nach Ecuador gekommen, Hotel in Machala/Puerto Bolívar, dann Bewirtschaftung beim Bau der Öl- Pipeline im Oriente, und jetzt dieses Restaurant in Atacames, allerdings momentan Geschäftseinbruch, da wegen der augenblicklichen Cholerafälle die Touristen wegbleiben. Mehrere Ehen, sieben Kinder; die in den Tropen notwendigen anderen Techniken der Essenszubereitung. Der Löwensenf, den die Di. aus Deutschland für ihn mitgebracht hatten, bereitete eine gute Gesprächsatmosphäre. Zurück nach Popayán. Die zwei etwa 20jährigen bedrohten uns mit ihren Taschenmessern, sie standen etwa 2m von uns weg, An. im 5. Monat schwanger. Ähnlich wie beim Raubüberfall 1985 in Quito, allerdings diesmal weniger professionell,  vermieden es die Banditen, nah an uns heranzutreten, wieder waren sie hochgradig nervös und wirkten völlig unberechenbar, zitternd und schreiend, und es schien ratsam, zumindest um Schnittwunden an Armen und Gesicht zu vermeiden (ganz abgesehen vom schwangeren Zustand Bn.s), auf körperliche Gegenwehr zu verzichten. Das Geld, das ich am Körper trug, bekamen sie nicht, wohl aber unsere Fototaschen. Nach dem Diebstahl eineinhalb Jahre zuvor in Lago Agrio war es bereits das zweite Mal, dass ich eine komplette Spiegelreflexausrüstung abschreiben musste,  natürlich unversichert; und ein Grund, dann später von Canon auf Nikon zu wechseln.
Suche auf den Seiten von strapp.de:
Bilderfilm Same/Ecuador
© strapp 2019