Sevilla bis Llíria
Meine weitere Fahrtroute verlief über Jerez de la Frontera und Puerto Real nachTarifa. Durch hitzeflimmernde ausgetrocknete Landschaften, erst am Meer ließ die unglaubliche Hitze nach.
Schon einige Kilometer vor Tarifa ist links und rechts der „Ruta Nacional“ Surfer- und Partystimmung. Im Restaurant aß ich einen „Atlantischen Garten“ inmitten von Gästen in Cocktail-Party-Abendsaufgebretzeltangezogen-Stimmung.
Die erste kühle Nacht seit Wochen.
Der Wind bläst hier so stark, wie ich auch es vor 33 Jahren erlebt hatte. Der Roller schwankte, ich musste auf 40 Stundenkilometer heruntergehen und mich stark konzentrieren, um nicht von den Böen von der Straße geweht zu werden.
Riesige Windräderfelder stehen jetzt hier über mehrere Quadratkilometer dicht nebeneinander.
Von Tarifa bis Nerja gibt es praktisch keine Alternative zu Schnellstraße und Autobahn. Die Route meiner Radreise von 1983 ist heute de facto nicht mehr machbar, Radfahren ist nicht vorgesehen im hiesigen Verkehrswegeplan.
Bei Estepona beginnt eine Art Stadtautobahn, die bis hinter Málaga reicht. Überwiegend bebautes Gebiet, mit vorgeschrieben 80 km/h Höchstgeschwindigkeit, die ich als einziger einhalte.
Die anderen fahren 130.
Dann beginnen links und und rechts von Torre del Mar die Bettenburgen: Links der Bettenburgbetonklotz, direkt daneben die Hauptstraße, und rechts neben der Straße der Strand. Viele Kilometer weit, mit die Straße überquerenden Touristen. Nur hinter Gibraltar und kurz vor Nerja, als ich die Schauze voll hatte von der Autobahn und den ohne seitlichen Abstand überholenden Autos, war die Strecke schön. Der Rest war harte Arbeit, und fast 7 Stunden Fahrerei brachten nur 225 km ein.
Inzwischen ist die 5.000 km-Marke überschritten.
In Nerja hatte ich das Gefühl: Mir reichts. Nicht noch mal 1000 km solche Strecken. Auch stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Unterkünften hier nicht (Essen allerdings ist sehr preiswert).
Die ewigen Meersfrüchte, insbesondere die Muscheln, hinterlassen am nächsten Tag zum Teil ein vages Bauchgefühl. Man müsste jedesmal nach dem Essen ein paar Schnäpse auf die Viecher gießen.
Ich entschloss mich dazu, die Küste ganz zu verlassen und über Granada ins Landesinnere auszuweichen. Am fast verkehrslosen Sonntagvormittag fuhr ich erst die Küste entlang und dann durch schöne Landschaft bergauf. Hinter Granada begann die Hitze.
Die Fahrt dorthin ging durch das größte Olivenanbaugebiet Europas, geschätzt 150 km durch Olivenhaine, Oliven weit und breit, das müssen hunderte Quadratkilometer sein. Wie das geerntet werden soll, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Schmale kurvige Sträßchen, nur etwa alle halbe Stunde begegnet mir ein Fahrzeug. Glühende Hitze. Schattenlos; die Olivensträucher spenden so gut wie keinen Schatten. Die Straße stundenlang schattenlos. Hier hätte ich nicht gerne eine Panne gehabt. Nach acht Stunden Rollerfahren hatte ich das deutliche Gefühl, dass linke und rechte Hand am Lenker nicht auf gleicher Höhe sind, sondern dass die rechte Hand mit dem Gasgriff etwa 10 cm tiefer liegt.
In Beas de Segura, zwischen Granada und Albacete, hatte es um 20 Uhr noch 36 °C. Ich kam ausgetrocknet an, da einerseits durch den Fahrtwind kein so starkes Hitze- und Durstgefühl aufkommt, und andererseits gerade durch den Fahrtwind eine starke Austrocknung erfolgt, und ich hatte wieder mal die sonntägliche Unmöglichkeit des Einkaufens übersehen und musste mit einem Liter Eistee und 0,33 L Dosenbier auskommen.
Im Restaurant in Beas hob ich den Flüssigkeitspegel wieder.
Über die jeweiligen Übernachtungsplätze müsste ein ein separater Bericht erfolgen, das würde hier den Rahmen sprengen. Nur so viel sei gesagt: Das ist extrem unterschiedlich, von 4-Sterne-Hotels über Landgasthöfe, Fernfahrerhotels bis hin zu einfachen Absteigen: Jeder Tag anders, wie auch die jeweilige Fahrt. Hier in Beas ist es ruhig, nur die Grillen zirpen, und der nächtliche Sternenhimmel ist nahezu lichtunverschmutzt.
In der Provinz Kastilien/La Mancha herrschte am nächsten Tag wieder eine gnadenlose Hitze von 38 °C unter einem wolkenlosen Himmel. Überwiegend verkehrsarme kurvenreiche gut asphaltierte Straßen bis Llíria, eine sehr schöne Rollerfahrt, wäre nicht die lähmende Hitze im wieder schattenlosen Land. Erst nach Verlassen der Sierra Martes ließ die Hitze gegen Abend nach.
Zum neunten Teil: Llíria bis Cerbére