Nach dem Liter Rioja kam ich erst um 11 Uhr von Laredo weg. Da wieder das Wochenende bevorstand, suchte ich eingedenk der zuvor geschilderten Schwierigkeiten schon am Vormittag ein Hotel, und in der Tat war an der Atlantikküste alles im für mich günstigen Entfernungsbereich ausgebucht. Ich wich in die Berge aus und buchte dort eine Unterkunft.
Das Navi war heute schlecht gelaunt und schickte mich von Beginn an auf indiskutable Feldwege. Nach einer Irrfahrt über einen schlammverkrusteten Weg mit tiefen Traktorspuren knöpfte ich mir das Navi vor und änderte die Einstellungen von „weniger Kraftstoffverbrauch“ auf „kürzere Strecke“, wonach es einiges besser wurde.
Der Abstecher in die Bergunterkunft führte mich nach Lon bei Camaleño im Nationalpark „Picos de Europa„, auf schönen Serpentinen durch Felsschluchten.
Bei Ankunft in Soto de Luiña bei Cudillero, einen Tag später, waren 3000 km zurückgelegt.
Un verdadero desastre.
An der Atlantikküste blieb es mit 23 °C kühl für ein motorisiertes Zweirad: Bei der Mittagsrast brennt noch die Sonne, der anschließende Fahrtwind ist aber kalt. Die Fahrt ging an der Küste entlang, meist etwa 50 m über dem Meer, durch Wälder von Koniferen und vor allem Eukalyptus, was mich stellenweise nach Ecuador versetzte. Auch der Gang am späten Nachmittag barfuß durch die glitzernden Meereswellen erinnerten mich an Same/Ecuador. Bis auf eine kurze Episode an einer Tankstelle, wo man mich für zwei Zapfsäulen abkassieren wollte, ging auch am nächsten Tag alles glatt. Offensichtlich war der an der Zapfsäule neben mir abgehauen, ohne zu bezahlen. Freunde meldeten sich über Whatsapp, als ich in der warmen Abendsonne am Meer saß: Sie wären Anfang bis Mitte September in Südfrankreich. Zu dieser Zeit könnte ich auch dort angelangt sein.
In der „Taberna Inn“ in Porto de Espasante habe ich dann den besten Pulpo meines Lebens gegessen (und ich hab schon Pulpo in einigen Ländern gegessen).
Vorbei an La Coruña fuhr ich über Santiago de Compostela und Porto nach Aveiro. Die Städte wollte ich nicht alle mitnehmen, inzwischen habe ich ab zwei Uhr nachmittags einen kleinen Durchhänger und keine Lust mehr zum Rollerfahren. Von Santiago de Compostela habe ich von außen nicht viel und von innen nur den Lidl gesehen. Die Fahrt war dennoch, insbesondere nach dem Grenzübertritt nach Portugal, sehr schön, sieht man ab einerseits von der Durchfahrt durch Porto und andererseits von einigen Kilometern unebenem Kopfsteinpflaster, einer portugiesische Spezialität (das Navi probiert es immer wieder, mich von den Vorzügen unebener Nebenwege zu überzeugen).
Inzwischen habe ich 3.600 km zurückgelegt.
Der Tag war schier unerträglich heiß, gefühlt 37 °C, auch bei 80 Stundenkilometern war die Luft noch Backofenluft. Galicien macht einen angenehmen freundlichen Eindruck. Die Sprache ist allerdings eigen: Galego. Sie ist dem Portugiesischen näher als dem Spanischen. Nach Eintritt in Galicien fallen sofort die portugiesisch klingenden Ortsnamen auf.
Ich übernachtete in Cambados, einem sehr hübschen Küstenort, überquerte die Grenze nach Portugal am nächsten Tag und fuhr nach Aveiro. Die Portugiesen allerdings verstehen im Gegensatz zu den Galegos kein Spanisch oder wollen keines verstehen. Oft hört man den Vergleich, dass das Portugiesische so viel mit dem Spanischen verwandt sei wie das Holländische mit dem Deutschen, und auch das Holländische ist für uns weitgehend unverständlich. Also laufen in Portugal Konversationen lieber in Englisch ab. So war es dann auch, als ich über ein Internethotelbuchungsportal ein „Studio Apartment“ gebucht hatte, an der angegeben Adresse in Aveiro aber kein Hotel vorfand. Überhaupt war die Straße an der Adresse eine abgesperrte und aufgegrabene Baustelle, es kostete einige Umwege, um in der Innenstadt mit ihrem Einbahnstraßensystem überhaupt in ihre Nähe zu gelangen, letztendlich fuhr ich halt mit dem Roller in die gekachelte Fußgängerzone. In einem schräg gegenüberliegenden Hotel fragte ich nach dem Hotel mit dem Studio Apartment, es war nichts bekannt. Der Hotelangestellte konsultierte die Blumenverkäuferin im danebenliegenden Geschäft: Nix. Die sprach jetzt immerhin Englisch, und rief dann für mich freundlicherweise auf portugiesisch die bei der Internetofferte des Studios angegebene Telefonnummer an. Nach einer dreiviertel Stunde kam dann jemand, entschuldigte sich: Sie hatte die Buchung nicht gesehen, es stellte sich als eine Pivatunterkunft heraus, jemand hatte offensichtlich aus einem Stockwerk drei winzige Appartments gemacht (bei mir Klappbett, winzige Küche im Gang des Apartments, kein Tisch, Blick auf die aufgerissene Straße) und vermietet diese. Für € 35.- konnte man nicht mehr erwarten. Ich hatte allerdings 300 km Rollerfahren im Hinterteil, und beim Suchen und Warten in die Nacht hinein war es kalt geworden: Ich war sauer.
Das gute Essen später in der „Tasca do Confrade„, im Verein mit einem halben Liter Vinho da Casa, trugen dann aber einiges bei zur Hebung der Stimmung.
Zum sechsten Teil: Aveiro bis Sevilla