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Siegfried Trapp
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© strapp 2023
Statussymbol Elektrorad E-Bikes tragen offenbar nicht dazu bei, dass es weniger Autos gibt. Wer braucht sie dann überhaupt noch? Unterwegs mit dem Charme eines Treppenlifts Vor der Schule meines Sohns steht ein Felgenbrecher. Also einer dieser halbrunden Doppelbögen, in die man das Vorderrad seines Fahrrads schieben kann. Wenn man Glück hat, steht das Rad da später noch. Mit etwas Pech ist jemand dagegen gestoßen, das Rad ist umgefallen – und hat eine Delle in der Felge. An diesem Symbolbild musealer Radinfrastruktur traf ich jüngst einen Mitschüler-Vater und sein auffällig schickes, neues Rad. Schlankes Design, hydraulische Scheibenbremse, im Rahmen integriertes Licht – und natürlich mit Motor. Der stolze Besitzer erklärte mir, das Bike sei im Angebot gewesen, „da konnte ich nicht widerstehen“. Seither legt er die gut ein Kilometer lange, flache Strecke zur Schule des Kinds mit dem ­E-Bike zurück. Warum auch nicht? Wenn mehr als die Hälfte aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer sind und das angesagte Verkehrsmittel für „die letzte Meile“ der E-Roller ist, dann braucht ein Rad zur Erhöhung des Standings auch einen Antrieb jenseits eigener Körperkraft. „Bio-Bikes“, sprich Räder ohne Motor, sind die SMS unserer Zeit: Geht schon noch, nutzen aber nur noch Nerds. Wer vorne mit dabei sein will, trägt Helm mit integriertem Blinker und hat eine elektronische Schaltung am Bike. Vor ein paar Jahren war der E-Bike-Gedanke für mich eine Verheißung: Menschen würden ihr Auto verkaufen, weil sie größere Einkäufe oder zwei, drei Kinder bequem per Rad transportieren könnten. Ältere, untrainierte Menschen trennten sich von ihrem Auto – schließlich kämen sie auch bei einem Wohnsitz auf dem Land mit dem E-Bike überall hin. Pizzabotinnen und Paketzusteller, niemand würde mehr ein Auto brauchen. Falsche Visionen Ich sah Städte voller Flaniermeilen und breiten Radwegen – auf denen entspannt der Dreijährige ebenso wie die Rennradfahrerin Platz fänden. Einen Pkw würde sich der moderne Städter nach Bedarf für den Urlaub oder den Ikea-Einkauf leihen. Inzwischen habe ich eine ernüchternde Studie in meinem Bekanntenkreis angestellt. Von den Dutzenden E-Bikefahrern hat exakt keiner sein Auto verkauft. Eine Minderheit fährt einige Strecken per E-Bike, die früher mit dem Pkw absolviert wurden. Die Mehrheit hat jetzt schlicht einen Motor am Rad. Wenn E-Bikes nicht dazu beitragen, dass weniger Autos fahren und parken, haben sie eben doch nur den Charme von Treppenliften. Klasse, dass es sie gibt. Aber man kann froh sein, (noch) keines zu brauchen. Ich habe eine Sammlung Bio-Bikes. Zur Infrastruktur Marke Felgenbrecher vor der Schule passt am besten das 100-Euro-Bahnhofsrad aus der Polizeiversteigerung. Quelle: https://taz.de/Auto-trotz-E-Bike/!6020815/ abgerufen 2024 0720 19:36
© strapp 2024
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Statussymbol Elektrorad E-Bikes tragen offenbar nicht dazu bei, dass es weniger Autos gibt. Wer braucht sie dann überhaupt noch? Unterwegs mit dem Charme eines Treppenlifts Vor der Schule meines Sohns steht ein Felgenbrecher. Also einer dieser halbrunden Doppelbögen, in die man das Vorderrad seines Fahrrads schieben kann. Wenn man Glück hat, steht das Rad da später noch. Mit etwas Pech ist jemand dagegen gestoßen, das Rad ist umgefallen – und hat eine Delle in der Felge. An diesem Symbolbild musealer Radinfrastruktur traf ich jüngst einen Mitschüler-Vater und sein auffällig schickes, neues Rad. Schlankes Design, hydraulische Scheibenbremse, im Rahmen integriertes Licht – und natürlich mit Motor. Der stolze Besitzer erklärte mir, das Bike sei im Angebot gewesen, „da konnte ich nicht widerstehen“. Seither legt er die gut ein Kilometer lange, flache Strecke zur Schule des Kinds mit dem ­E-Bike zurück. Warum auch nicht? Wenn mehr als die Hälfte aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer sind und das angesagte Verkehrsmittel für „die letzte Meile“ der E-Roller ist, dann braucht ein Rad zur Erhöhung des Standings auch einen Antrieb jenseits eigener Körperkraft. „Bio-Bikes“, sprich Räder ohne Motor, sind die SMS unserer Zeit: Geht schon noch, nutzen aber nur noch Nerds. Wer vorne mit dabei sein will, trägt Helm mit integriertem Blinker und hat eine elektronische Schaltung am Bike. Vor ein paar Jahren war der E-Bike- Gedanke für mich eine Verheißung: Menschen würden ihr Auto verkaufen, weil sie größere Einkäufe oder zwei, drei Kinder bequem per Rad transportieren könnten. Ältere, untrainierte Menschen trennten sich von ihrem Auto – schließlich kämen sie auch bei einem Wohnsitz auf dem Land mit dem E-Bike überall hin. Pizzabotinnen und Paketzusteller, niemand würde mehr ein Auto brauchen. Falsche Visionen Ich sah Städte voller Flaniermeilen und breiten Radwegen – auf denen entspannt der Dreijährige ebenso wie die Rennradfahrerin Platz fänden. Einen Pkw würde sich der moderne Städter nach Bedarf für den Urlaub oder den Ikea- Einkauf leihen. Inzwischen habe ich eine ernüchternde Studie in meinem Bekanntenkreis angestellt. Von den Dutzenden E- Bikefahrern hat exakt keiner sein Auto verkauft. Eine Minderheit fährt einige Strecken per E-Bike, die früher mit dem Pkw absolviert wurden. Die Mehrheit hat jetzt schlicht einen Motor am Rad. Wenn E-Bikes nicht dazu beitragen, dass weniger Autos fahren und parken, haben sie eben doch nur den Charme von Treppenliften. Klasse, dass es sie gibt. Aber man kann froh sein, (noch) keines zu brauchen. Ich habe eine Sammlung Bio-Bikes. Zur Infrastruktur Marke Felgenbrecher vor der Schule passt am besten das 100-Euro-Bahnhofsrad aus der Polizeiversteigerung. Quelle: https://taz.de/Auto-trotz-E- Bike/!6020815/ abgerufen 2024 0720 19:36
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