Gabriele Frydrych gibt Ihnen heute einen kleinen Rhetorikkurs für Verantwortungsträger! Sie haben nichts zu sagen, reden aber trotzdem gern? Sie wollen außerdem, dass es gut klingt? Sie schätzen keine klaren Ansagen? Sie möchten negative Meldungen positiv „rüberbringen“? Sie sind mit Leib und Seele Autokrat, aber dem Zuhörer soll das nicht auffallen? Es gibt die optimale Lösung für Sie: Hohlsprech. Eine Exzellenzvariante modernen Sprachhandelns. Damit wirken Sie stets multikompetent und polyfunktional. Sie beeindrucken Ihre Zuhörer und halten Sie von nervtötenden Einwänden ab. Hohlsprech ist gar nicht so schwer. Tägliche mentale Aktivierung, auf überregionalen Konferenzen gut zuhören, öfter mal an der „Phrasendreschmaschine“ drehen (im Buchhandel und im Internet zu erwerben) – zeitnah werden Sie über ein perfektes Instrumentarium verfügen: hochtrabende Worte ohne Substanz. Das erste Modul unserer Fortbildung: Form ist wichtiger als Inhalt. Blättern Sie doch mal im Fremdwörterlexikon. Notieren Sie Begriffe, die Sie noch nie gehört haben, auf Lernkärtchen. Manchmal sind auch philosophische Betrachtungen in der Tagespresse eine wahre Fundgrube. Flechten Sie Begriffe wie Entitäten, Insubordination, subkutanes Epiphänomen oder attrahieren zunächst im Privatgespräch ein, sozusagen als „Wortgeschenk“. „Bei den dominierenden männlich-homosozialen Kooptationsstrategien sehe ich da keine inhärente Perspektive.“ Klingt gut, oder? Als zweiten Schritt präsentieren Sie Ihre Kenntnisse im pädagogischen Alltag: „Wir würden gern zusätzliche Ressourcen und Exzellenzprogramme generieren, allein, die restringente Finanzsituation lässt das nicht zu.“ – „Schüleraffine Zeitelastizität und Rhythmisierung sind leider noch Absenzen. Uns fehlt die personelle und materielle Unterfütterung.“ – Ein Experte für Hohlsprech lässt „Kollegin Sanftmeier ihre Gravidität anzeigen.“  Zweites Modul: Zentrale Bedeutung in Hohlsprech hat das Verb „kommunizieren“. Sie haben es vermutlich als intransitiv kennengelernt: „miteinander sprechen, sich verständigen“.  Heute ist es ein transitives Verb und vermittelt hinter dem Schleier demokratischen Miteinanders konkrete Handlungsanweisungen: „Das muss wohl noch deutlicher kommuniziert werden!“ Der Subordinierte fragt ängstlich: „Kann ich das so weiterkommunizieren?“  Es ist generell effektiv, aus intransitiven Verben transitive zu machen. Das bringt den Sprecher in eine aktivere Rolle. Denken Sie an Beispiele aus der koitalen Praxis: „Ich vögel dich“ klingt dynamischer und ich-orientierter als „wir haben miteinander gevögelt“. Diese grammatische Variante kann beliebig erweitert werden. So sagt der Schulrat zufrieden: „Ich habe in den letzten Monaten zahlreiche Schulen hospitiert! (sic!!!)“ Andere Zeitgenossen „leben Beziehungen und Sympathien“ oder „erinnern gern frühere Zeiten“. Werden Sie kreativ! Sprache ist lebendig. Was es heute noch nicht gibt, kann morgen schon Hohlsprech sein. Warum also nicht: „Ich interessiere Individualisierung und Binnendifferenzierung.“ „Ich schäme meine seltenen Fortbildungen.“ „Er kümmert dieses Problem.“ „Wir freuen das aktuelle PISA-Ergebnis.“ Verwenden Sie keine nackten Nomen. Es heißt nicht „Lösungen, Hierarchien und Fragen“, sondern  „intelligente Lösungen“, „flache Hierarchien“ oder „sauber geklärte Fragen.“ In jedem Ihrer Beiträge sollten mindestens einmal die Kernbegriffe Evaluation, Transparenz und Kompetenz vorkommen. Am besten in einem einzigen Satz.  Verdeutlichen Sie Fremdwörter, um Ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen: etwas wegtolerieren, umlegendieren, aufoktroyieren oder anplakatieren. Benutzen Sie Euphemismen! Schadenfreude heißt in Hohlsprech negative Empathie, Strafen sind aversive Reize, Schwänzer und Störer nennt man schulabstinente oder verhaltensoriginelle Jugendliche. Gehen Sie mit Inkompetenz frustdurabel um, bevor Sie geistige Insolvenz anmelden müssen. Umhüllen Sie Intelligenz-Allergiker mit zerebralen Flatulenzen. Kleine Kontrollfrage: Was ist ein habitativ benachteiligter Mitbürger? Als Anhänger deutschen Sprachtums müssen Sie übrigens nicht auf das Fremdwörterlexikon zurückgreifen. Es gibt genug Hohlsprechbegriffe in unserer schönen Muttersprache: Selbstwirksamkeitserfahrung, Leuchttürme der Bildung, kräftige Seelennahrung, Arbeitsverdichtung, sich an einen Text anschmiegen und etwas verschriftlichen. Stellen Sie Probleme auf den Parkplatz, geben Sie ein gutes Gesamtpaket ab! Vielleicht halten Sie dieses kleine Kompetenztraining fälschlicherweise für eine Petitesse. Aber Sprache war schon immer Herrschaftsinstrument. Mit Hohlsprech illuminiert sich die moderne Führungselite. Werden Sie Teil dieser Elite! Nutzen Sie Hohlsprech! Gabriele Frydrych
Siegfried Trapp
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Gabriele Frydrych gibt Ihnen heute einen kleinen Rhetorikkurs für Verantwortungsträger! Sie haben nichts zu sagen, reden aber trotzdem gern? Sie wollen außerdem, dass es gut klingt? Sie schätzen keine klaren Ansagen? Sie möchten negative Meldungen positiv „rüberbringen“? Sie sind mit Leib und Seele Autokrat, aber dem Zuhörer soll das nicht auffallen? Es gibt die optimale Lösung für Sie: Hohlsprech. Eine Exzellenzvariante modernen Sprachhandelns. Damit wirken Sie stets multikompetent und polyfunktional. Sie beeindrucken Ihre Zuhörer und halten Sie von nervtötenden Einwänden ab. Hohlsprech ist gar nicht so schwer. Tägliche mentale Aktivierung, auf überregionalen Konferenzen gut zuhören, öfter mal an der „Phrasendreschmaschine“ drehen (im Buchhandel und im Internet zu erwerben) – zeitnah werden Sie über ein perfektes Instrumentarium verfügen: hochtrabende Worte ohne Substanz. Das erste Modul unserer Fortbildung: Form ist wichtiger als Inhalt. Blättern Sie doch mal im Fremdwörterlexikon. Notieren Sie Begriffe, die Sie noch nie gehört haben, auf Lernkärtchen. Manchmal sind auch philosophische Betrachtungen in der Tagespresse eine wahre Fundgrube. Flechten Sie Begriffe wie Entitäten, Insubordination, subkutanes Epiphänomen oder attrahieren zunächst im Privatgespräch ein, sozusagen als „Wortgeschenk“. „Bei den dominierenden männlich- homosozialen Kooptationsstrategien sehe ich da keine inhärente Perspektive.“ Klingt gut, oder? Als zweiten Schritt präsentieren Sie Ihre Kenntnisse im pädagogischen Alltag: „Wir würden gern zusätzliche Ressourcen und Exzellenzprogramme generieren, allein, die restringente Finanzsituation lässt das nicht zu.“ – „Schüleraffine Zeitelastizität und Rhythmisierung sind leider noch Absenzen. Uns fehlt die personelle und materielle Unterfütterung.“ – Ein Experte für Hohlsprech lässt „Kollegin Sanftmeier ihre Gravidität anzeigen.“  Zweites Modul: Zentrale Bedeutung in Hohlsprech hat das Verb „kommunizieren“. Sie haben es vermutlich als intransitiv kennengelernt: „miteinander sprechen, sich verständigen“.  Heute ist es ein transitives Verb und vermittelt hinter dem Schleier demokratischen Miteinanders konkrete Handlungsanweisungen: „Das muss wohl noch deutlicher kommuniziert werden!“ Der Subordinierte fragt ängstlich: „Kann ich das so weiterkommunizieren?“  Es ist generell effektiv, aus intransitiven Verben transitive zu machen. Das bringt den Sprecher in eine aktivere Rolle. Denken Sie an Beispiele aus der koitalen Praxis: „Ich vögel dich“ klingt dynamischer und ich-orientierter als „wir haben miteinander gevögelt“. Diese grammatische Variante kann beliebig erweitert werden. So sagt der Schulrat zufrieden: „Ich habe in den letzten Monaten zahlreiche Schulen hospitiert! (sic!!!)“ Andere Zeitgenossen „leben Beziehungen und Sympathien“ oder „erinnern gern frühere Zeiten“. Werden Sie kreativ! Sprache ist lebendig. Was es heute noch nicht gibt, kann morgen schon Hohlsprech sein. Warum also nicht: „Ich interessiere Individualisierung und Binnendifferenzierung.“ „Ich schäme meine seltenen Fortbildungen.“ „Er kümmert dieses Problem.“ „Wir freuen das aktuelle PISA-Ergebnis.“ Verwenden Sie keine nackten Nomen. Es heißt nicht „Lösungen, Hierarchien und Fragen“, sondern  „intelligente Lösungen“, „flache Hierarchien“ oder „sauber geklärte Fragen.“ In jedem Ihrer Beiträge sollten mindestens einmal die Kernbegriffe Evaluation, Transparenz und Kompetenz vorkommen. Am besten in einem einzigen Satz.  Verdeutlichen Sie Fremdwörter, um Ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen: etwas wegtolerieren, umlegendieren, aufoktroyieren oder anplakatieren. Benutzen Sie Euphemismen! Schadenfreude heißt in Hohlsprech negative Empathie, Strafen sind aversive Reize, Schwänzer und Störer nennt man schulabstinente oder verhaltensoriginelle Jugendliche. Gehen Sie mit Inkompetenz frustdurabel um, bevor Sie geistige Insolvenz anmelden müssen. Umhüllen Sie Intelligenz-Allergiker mit zerebralen Flatulenzen. Kleine Kontrollfrage: Was ist ein habitativ benachteiligter Mitbürger? Als Anhänger deutschen Sprachtums müssen Sie übrigens nicht auf das Fremdwörterlexikon zurückgreifen. Es gibt genug Hohlsprechbegriffe in unserer schönen Muttersprache: Selbstwirksamkeitserfahrung, Leuchttürme der Bildung, kräftige Seelennahrung, Arbeitsverdichtung, sich an einen Text anschmiegen und etwas verschriftlichen. Stellen Sie Probleme auf den Parkplatz, geben Sie ein gutes Gesamtpaket ab! Vielleicht halten Sie dieses kleine Kompetenztraining fälschlicherweise für eine Petitesse. Aber Sprache war schon immer Herrschaftsinstrument. Mit Hohlsprech illuminiert sich die moderne Führungselite. Werden Sie Teil dieser Elite! Nutzen Sie Hohlsprech! Gabriele Frydrych
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