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CO2-Preis
Ein CO2-Preis, auch Kohlenstoffpreis, ist ein marktbasiertes Instrument der Umweltpolitik zur Senkung
von CO2-Emissionen. Jede Tonne emittiertes CO2 erhält einen Preis – sei es durch die Pflicht zur Abgabe
eines Zertifikates aus einem Emissionshandel oder durch eine Steuer. Emissionen verursachen somit
Kosten; klimaschädliche Produkte werden teurer, klimafreundliche Alternativen im Vergleich preislich
attraktiver. Dadurch haben die Marktteilnehmer einen Anreiz, die klimafreundlichen Alternativen zu wählen
und so den durch sie verursachten CO2-Ausstoß zu reduzieren.
Im Jahr 2023 wurden knapp 25 % der weltweiten Treibhausgasemissionen durch CO2-Bepreisung
abgedeckt, nachdem es 2019 einen erheblicher Anstieg auf 19 % aufgrund der Einführung des chinesischen
CO2-Handelssystems gegeben hatte. Zu den Regionen mit CO2-Preisen gehören die Europäische Union
und Kanada. Andererseits haben Top-Emittenten wie Indien, Russland, die Golfstaaten und viele US-
Bundesstaaten noch keinen CO2-Preis eingeführt. Im Jahr 2023 generierte die CO2-Bepreisung weltweit
Einnahmen in Höhe von 104 Milliarden US-Dollar.
Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass ein weltweiter CO2-Preis ein effektives und
effizientes Instrument zum Bekämpfen des Klimawandels ist. Laut dem IPCC wäre ein Preisniveau von
135–5.500 US-Dollar im Jahr 2030 und 245–13.000 US-Dollar pro Tonne CO2 im Jahr 2050 nötig, um das
1,5°C-Ziel zu erreichen. Viele CO2-Preissysteme, einschließlich des Emissionshandelssystems in China,
bleiben derzeit unter 10 US-Dollar pro Tonne CO2. Eine Ausnahme bildet der EU-Emissionshandel, der 100
€ pro Tonne CO2 ($118) im Februar 2023 überschritten hat.
Definition
Direkte CO2-Preise sind so gestaltet, dass sie proportional zu den CO2-Emissionen der von ihnen umfassten
Aktivitäten bzw. Produkte sind. Demgegenüber spricht man von einer indirekten CO2-Bepreisung, wenn sie
nicht direkt an den CO2-Emissionen ansetzt, sondern auf anderem Weg ein CO2-Preissignal bewirkt,
beispielsweise eine Menge an Kraftstoff besteuert oder Kraftstoffsubventionen abbaut.
Man unterscheidet bei direkten CO2-Preisen im Wesentlichen zwei Formen von Preissystemen: eine Steuer
und den Emissionshandel. Es gibt auch hybride Formen. Gemeinsam ist allen Formen, dass sie einen CO2-
Preis etablieren, der die Kosten des durch die Emissionen verursachten Klimawandels in die Marktpreise
einbeziehen soll. Er soll so das Problem der negativen externen Effekte von CO2-Emissionen lösen.
Emissionsrechtehandel
Preisentwicklung verschiedener Emissionsrechtehandelssysteme in Euro pro Tonne CO2
Der Emissionsrechtehandel (ETS) ist eine mögliche Form der CO2-Bepreisung. Dabei verteilt oder verkauft
eine zentrale Behörde eine begrenzte Anzahl von Zertifikaten, die zur Emission einer bestimmten Menge
eines Schadstoffs über einen definierten Zeitraum berechtigen. Verursacher von Emissionen müssen am
Ende des Zeitraums Zertifikate in Höhe ihrer Emissionen vorweisen. Der Emissionsrechtehandel ist eine
Mengenlösung – der Staat definiert eine Höchstmenge an Emissionen und der Markt findet dann den
angemessenen Preis. Der Emissionshandel hat eine hohe ökologische Treffsicherheit, da das Emissionsziel
sicher erreicht wird, jedoch sind die Preise abhängig von den Marktentwicklungen.
In der Praxis führte der EU-Emissionshandel von 2005 bis 2009 zu einem relativ hohen CO2-Preis, der
jedoch später durch ein Überangebot während der Weltfinanzkrise untergraben wurde. Die jüngsten
politischen Änderungen haben seit 2018 zu einem steilen Anstieg des CO2-Preises geführt.
CO2-Steuer
Die CO2-Steuer ist eine weitere Form der CO2-Bepreisung. Die Steuer kommuniziert die Kosten für die
verursachten Klimafolgen an alle Marktteilnehmer durch ein deutliches Preissignal. Der Nachteil einer
Steuer sind jedoch unvollständige Informationen bei der Festlegung der Höhe (Theorie des Zweitbesten).
Zudem müsste eine Steuer regelmäßig angepasst werden und wird durch jedes Land einzeln bestimmt.
Hybride Systeme
Es existieren auch hybride Lösungen der CO2-Bepreisung. Dabei handelt es sich in der Regel um
Emissionshandelssysteme die Preisgrenzen d. h. Unter- und Obergrenzen enthalten. Soweit der Preis
durch diese Grenzen kontrolliert wird, kann er als Steuer betrachtet werden.
Grundlagen
Der wissenschaftliche Konsens zum Klimawandel besagt, dass die vom Menschen verursachten
Treibhausgasemissionen die Hauptursache für den Klimawandel sind. Mit zunehmenden
Treibhausgaskonzentrationen nehmen die Risiken und Schäden durch die Erderwärmung zu. Es gibt
zahlreiche Versuche, die Schäden, die die Emission einer zusätzlichen Tonne CO2 oder anderer
Treibhausgase verursacht, ökonomisch zu bewerten. Diese Kostenschätzungen, die als soziale
Kohlenstoffkosten bezeichnet werden, gehen weit auseinander, wobei jüngere Schätzungen tendenziell auf
höhere Werte kommen. Das Umweltbundesamt schätzte 2018 die Kosten auf 180 Euro. Je mehr sich die
Erde aufheizt, umso schlechter lassen sich die Folgen einschätzen. Es drohen zudem Kipppunkte
überschritten zu werden, die zu Klimazuständen mit unkalkulierbaren Folgen führen, wie es sie in der
Geschichte der Menschheit noch nicht gegeben hat.
Um eine gefährliche Störung des Klimasystems zu vermeiden, haben sich fast alle Staaten der Erde im
Pariser Übereinkommen darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst 1½
Grad zu begrenzen. Das bedeutet, dass die Treibhausgaskonzentrationen stabilisiert und somit die
Emissionen auf nahezu Null verringert werden müssen; in den meisten Szenarien sind zusätzlich negative
Emissionen zur Einhaltung der Temperaturziele vonnöten. Die Aufnahmekapazität der Atmosphäre als
Deponie für langlebige Treibhausgase ist also sehr begrenzt. Die noch verbleibende Restmenge an
emittierbaren Treibhausgasen ist das sogenannte CO2-Budget. Bei einem im Jahr 2017 durchschnittlichen
Ausstoß von ca. 40 Gigatonnen CO2-Äquivalent pro Jahr (GtCO2e/a) verbleiben der Menschheit ab diesem
Jahr im Falle einer ausbleibenden Veränderung des Ausstoßes je nach angenommenem CO2-Budget noch
etwa 20 bis 30 Jahre, bis dieses Budget ausgeschöpft ist.
Weil aber diejenigen, die die Emission von Treibhausgasen verursachen, nicht nach dem
Verursacherprinzip die vollen Kosten der Folgeschäden ihrer eigenen Emissionen tragen, sondern nur einen
Bruchteil, und sie die Kosten zumeist nicht einmal genau kennen, berücksichtigen sie diese so genannten
externen Effekte kaum in ihren Entscheidungen. Darüber hinaus ist es für einzelne Akteure irrational,
Treibhausgasemissionen auf eigene Kosten zu mindern (Tragik der Allmende). Um dieses Marktversagen
zu beheben, kann die Knappheit der atmosphärischen Deponie durch einen Preis auf die Emission einer
Tonne CO2 oder anderer Treibhausgase signalisiert werden. Marktteilnehmer werden dann, so die
ökonomische Theorie, die Folgeschäden bzw. Begrenztheit des CO2-Budgets in ihren Entscheidungen
berücksichtigen und eher technische aber auch Verhaltensalternativen wählen, die weniger Emissionen
verursachen. Unternehmen erhalten einen Anreiz, emissionsarme Alternativen zu entwickeln und auf den
Markt zu bringen.
Gestaltung
Bei der Gestaltung eines CO2-Preissystems gibt es unabhängig davon, ob es sich um einen
Emissionshandel oder eine Steuer handelt, eine Reihe von Möglichkeiten.
Höhe
In der ökonomischen Theorie würde global die optimale volkswirtschaftliche Wohlfahrt erreicht werden,
wenn die externen Kosten der Erderwärmung weltweit vollständig durch eine Bepreisung internalisiert
werden. D. h., die durch die Emission von Treibhausgasen verursachten und in Geldeinheiten bewerteten
Schäden (Social Cost of Carbon, SCC) müssten gemäß dem Verursacherprinzip vollständig von den
Emittenten getragen werden. Diese würden dann theoretisch ihre Emissionen auf das volkswirtschaftlich
optimale Niveau reduzieren. Würde man diesen Ansatz mit einer CO2-Steuer realisieren, wäre dies eine
Pigou-Steuer. In der Praxis ist dieser Ansatz mit vielfältigen Schwierigkeiten verbunden, darunter Probleme
der Bewertung von heutigem und künftigem Leben und Gesundheit oder von Ökosystemen oder die
Tatsache, dass ein global einheitlicher CO2-Preis kaum zu erreichen ist.
Fast alle Staaten der Welt haben sich im Übereinkommen von Paris stattdessen auf Temperaturgrenzen
geeinigt: Die Erwärmung soll auf deutlich unter 2 °C, möglichst 1,5 °C begrenzt werden (siehe 1,5 °C-Ziel,
Zwei-Grad-Ziel). Den Unterzeichnerstaaten steht es frei, mit welchen Maßnahmen sie ihre nationalen
Beiträge zur Einhaltung der Temperaturziele umsetzen, CO2-Bepreisung nach dem Preis-Standard-Prinzip
ist eine Möglichkeit. Das Intergovernmental Panel on Climate Change gibt im Sonderbericht 1,5 °C globale
Erwärmung ein notwendiges Preisniveau von 135–5.500 US-Dollar im Jahr 2030 und 245–13.000 US-Dollar
pro Tonne CO2 im Jahr 2050 an, um das 1,5°C-Ziel allein mit dem Instrument Bepreisung von
Treibhausgasen zu erreichen. Dabei handelt es sich um die marginalen CO2-Vermeidungskosten. Die
großen Preisspannen erklären sich aus unterschiedlichen Modellannahmen, etwa hinsichtlich der
verwendeten Methodologien, voraussichtlicher Energiebedarfe, Minderungszielen, Kraftstoffpreisen und der
Technologieverfügbarkeit von klimaneutralen Alternativen.
Der Preis entsteht bei einer CO2-Steuer und einem Emissionshandel auf unterschiedliche Weise: Bei eine
CO2-Steuer setzt der Staat direkt den Preis, die Emissionsmenge ist unsicher und ergibt sich durch die
Reaktion der Marktteilnehmer. In einem Emissionshandel wird die Menge der Emissionen, das cap, durch
den Staat festgelegt, hier sind die Preise unsicher und stellen sich durch den Handel der Marktteilnehmer
mit den Emissionsrechten ein (siehe auch Preis-Standard-Ansatz).
Klimaschutz geht oft mit positiven Nebeneffekten einher, etwa mit weniger Atemwegserkrankungen durch
bessere Luftqualität. Die oft regional begrenzten positiven Nebeneffekte sind ein Argument für höhere CO2-
Preise auch in einzelnen Staaten, denn der Nutzen kommt vor allem der eigenen Bevölkerung zugute und
ist nicht dem Trittbrettfahrerproblem ausgesetzt. Positive Gesundheitswirkungen können durch die
Gestaltung des CO2-Preissystems verstärkt werden, beispielsweise können Einnahmen für
Gesundheitsmaßnahmen eingesetzt oder Preise geografisch und nach Fahrzeugtyp differenziert werden.
Erfasste Treibhausgase
Der Bezeichnung CO2-Preis wird oft vereinfachend auch dann verwendet, wenn neben Kohlenstoffdioxid
noch weitere Treibhausgase wie Methan oder Lachgas bepreist werden.
Die Einbeziehung weiterer Treibhausgase in einen einheitlichen Preis kann über ihr Treibhauspotential,
einheitlich ausgedrückt in CO2-Äquivalenten (CO2eq) erfolgen. Der EU-Emissionshandel beispielsweise
bezieht seit 2013 auch Lachgas und Fluorkohlenwasserstoffe in den Handel mit ein.
Erfasste Sektoren
Ein CO2-Preissystem kann einen oder mehrere Sektoren erfassen. Zudem kann es mehrere Preissysteme
nebeneinander geben, die verschiedene Sektoren abdecken. Beispielsweise deckt der EU-Emissionshandel
für Industrie, Energie und Luftfahrt eben diese Sektoren ab, während einzelne Mitgliedstaaten zusätzliche
Bepreisungssysteme für Verkehr oder Gebäude haben.
In der ökonomischen Theorie ist eine möglichst sektorübergreifende Bepreisung besonders effizient, weil
Emissionen zuerst dort gemindert werden können, wo dies zu den geringsten Kosten möglich ist.
Je nach Sektor sind aber mit einem CO2-Preis unterschiedliche Schwierigkeiten und Anforderungen an die
Gestaltung des Preissystems verbunden: Manche Industriesektoren mit sehr emissionsintensiven
Produkten sind dem internationalen Wettbewerbe ausgesetzt. Hier ist Carbon Leakage – die Abwanderung
von Produktion und damit verbundenen Emissionen in andere Länder – eine Gefahr, der durch Ausnahmen
oder Grenzausgleichsystem versucht wird zu begegnen. Wenn es sehr viele Emissionsquellen gibt,
beispielsweise im Verkehrs- oder Gebäudesektor, scheidet die Bepreisung downstream an der
Emissionsquelle in der Regel aus; vielmehr wird dann am Inverkehrbringen von fossilen Brennstoffen
angesetzt. Auch die Verteilungswirkungen und die Möglichkeiten, auf klimafreundliche Alternativen
auszuweisen, unterscheiden sich je nach Sektor deutlich: So haben Mieter kaum Einfluss auf die
Gebäudeheizung (→ Mieter-Vermieter-Dilemma). Über die Verwendung der Einnahmen aus der CO2-
Bepreisung für besonders betroffene Bevölkerungsgruppen oder Investitionsförderung besteht die
Möglichkeit, einen Ausgleich zu schaffen. In manchen Sektoren wie der Land- und Forstwirtschaft entstehen
besonders hohe Nicht-CO2-Emissionen, etwa Methan bei der Rinderhaltung und durch
Landnutzungsänderungen oder Lachgas bei der Düngung. Die Höhe dieser Emissionen ist oft unsicher.
Upstream oder Downstream
Eine CO2-Bepreisung kann an verschiedenen Stellen in der Wertschöpfungskette implementiert werden:
1.
upstream: an einer Stelle vor Entstehung der Emissionen, beispielsweise beim Inverkehrbringen
fossiler Brennstoffe (Bergbau, Importeure),
2.
point source: an der Quelle der Emissionen, beispielsweise im Kraftwerk; aber auch Gas- oder
Ölheizungen oder Pkw-Verbrennungsmotoren wären Quellen,
3.
downstream: an einer Stelle nach Entstehung der Emissionen; also etwa an Produkten auf Basis der
Emissionen, die mit ihrer Herstellung verbunden waren.
In Deutschland muss beispielsweise nicht für das Verbrennen, sondern für das Inverkehrbringen fossiler
Energieträger ein CO2-Preis abgeführt werden. Statt Bürger und Unternehmen einzeln zur Kasse zu bitten,
werden also zum Beispiel Produzenten oder Händler belastet. Diese überwälzen die Kosten teilweise oder
ganz auf ihre Abnehmer, so dass entlang der Wertschöpfungskette Anreize zum Wechsel auf
klimafreundlichere Alternativen bestehen. Die Erhebung des Preises upstream hat oft den Vorteil, dass sie
weniger Akteure erfasst und administrativ einfacher umzusetzen ist.
Genaueres unterscheidet sich je nach Brennstoffart und Preissystem: Während etwa bei Mineralölprodukten
meist Raffinerien bzw. Händler für die Abführung zuständig sind, muss sie bei Erdgas durch die Lieferanten
(z. B. die Stadtwerke) erfolgen. Im Gegensatz dazu stehen beim EU-Emissionshandel für den Energie- und
Industriesektor die Quelle der Emissionen, also der Emittent selber in der Pflicht.
Einnahmenverwendung
Vorschläge für die Verwendung von Einnahmen aus der CO2-Bepreisung umfassen:
eine Rückgabe an die Bevölkerung auf Pro-Kopf-Basis (Klimadividende bzw. Klimageld)
Subventionen zum Ausbau erneuerbarer Energien
Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und anderer Instrumente zur
Förderung von Klimaneutralität
Subvention negativer Emissionen mittels CO2-Sequestrierung
Ökonomische Aspekte
Unternehmerische Produktionsanpassung
Anhand wirtschaftswissenschaftlicher Modelle aus der Produktionstheorie kann gezeigt werden, welche
Auswirkungen unter der Annahme sonst gleichen Bedingungen die Einführung eines CO2-Preises mittels
einer Steuer oder eines Zertifikatehandels auf die unternehmerische Produktion hat. Für den Fall einer
Steuer, also einem festen Preis pro ausgestoßener Tonne CO2, lassen sich nach der Substitutionalität des
Produktionsprozesses, der die Emissionen verursacht, zwei Varianten unterscheiden:
In der ersten Variante hat das Unternehmen die Möglichkeit auf andere Produktionsprozesse
auszuweichen, die weniger CO2 ausstoßen, aber möglicherweise mehr von anderen Ressourcen wie
Kapital, Arbeitskräfte oder Rohstoffe benötigen. Wenn der alternative Prozess durch die eingesparte
CO2-Steuer insgesamt günstiger ist, wird das Unternehmen auf diesen Prozess ausweichen.
In der anderen Variante stehen dem Unternehmen keine Möglichkeiten offen, auf andere Prozesse
auszuweichen, beispielsweise, weil dies technisch oder physikalisch nicht möglich ist oder weil das
Wissen zur Umsetzung fehlt. Dann wird das Unternehmen die gleiche Menge an Produkten (und CO2)
produzieren wie zuvor, falls es noch Gewinne macht. Andernfalls wird es die Produktion vollständig
einstellen.
Im Falle des Emissionszertifikatehandels steht den Unternehmen neben der Anpassung der
Produktionsprozesse auch die Möglichkeit offen, Zertifikate zu kaufen und zu verkaufen. Ein auf
Gewinnmaximierung orientiertes Unternehmen wird die jeweils kostengünstigere Alternative wählen, also
den eigenen CO2-Ausstoß mit veränderten Prozessen senken, falls die Kosten für die Prozessänderung
niedriger sind als der Marktpreis der Zertifikate.
Effizienz
CO2-Bepreisung ist für viele Ökonomen der effizienteste Weg zur Reduktion von Emissionen. Das bedeutet,
dass die Emissionen zu den geringstmöglichen Kosten reduziert werden. Diese Kosten umfassen sowohl
die Kosten zur Steigerung der Energieeffizienz, als auch die Kosten mit weniger Gütern und
Dienstleistungen auszukommen, die von fossilen Brennstoffen bereitgestellt werden. Die Effizienz entsteht,
da ein Marktversagen (die unbepreisten externen Kosten von Kohlenstoffemissionen) an seiner Quelle
beseitigt wird – indem diese Kosten in den Marktpreis integriert werden.
Dynamische Anreizwirkung
CO2-Preise schaffen für die Marktteilnehmer nicht nur Anreize auf schon vorhandene klimafreundlichere
Alternativen auszuweichen, sondern auch neue Lösungen zu entwickeln. Für Investitionsentscheidungen ist
ein langfristiger, glaubwürdiger CO2-Preispfad entscheidend.
Neben der Bepreisung von Emissionen sind komplementäre politische Maßnahmen – beispielsweise
staatliche Forschungsförderung oder Infrastrukturinvestition – wichtig, um Innovationen auszulösen und
deren Marktdurchdringung zu verbessern: Denn zum einen ist vollkommene Verlässlichkeit des CO2-
Preispfades nie gegeben, zum anderen ist Forschung und Entwicklung mit sogenannten positiven externen
Effekten verbunden, die dazu führen können, dass privaten Investitionen keine ausreichenden
Gewinnaussichten gegenüberstehen. Hinzu kommen Unsicherheiten sowohl über Ausmaß und Folgen des
Klimawandels als auch über gesellschaftliche und technische Entwicklungen, die wichtige Investitionsrisiken
darstellen.
Carbon Leakage
Unilaterale klimapolitische Maßnahmen wie ein nationaler CO2-Preis können Unternehmen in Staaten mit
weniger strikten Maßnahmen relative Kostenvorteile verschaffen. Dadurch kann es zu einer Verlagerung
von CO2-Emissionen (eng. carbon leakage) kommen: indem Unternehmen ihre Produktion ins Ausland
verlagern oder indem schon im Ausland ansässige Unternehmen größere Marktanteile erlangen. Es gibt
einen internationalen Konsens über die Existenz des Phänomens, jedoch nicht über seine langfristigen
Größenordnungen.
Eine globale, in allen Wirtschaftssektoren wirksame CO2-Bepreisung in gleicher Höhe würde das Problem
vermeiden. Eine solche weltweite Vereinbarung wird jedoch als unrealistisch angesehen. Staatengruppen
können als sogenannte Klimaclubs abgestimmte Preisinstrumente einsetzen und sich mit gemeinsamen
Sanktionen oder Grenzausgleichmechanismen vor dem Risiko durch Trittbrettfahrer von außerhalb der
Gemeinschaft schützen. Zugleich entstehen dadurch Anreize für Drittstaaten, dem Club beizutreten.
Um Carbon Leakage zu verhindern, teilt die Europäische Union im Rahmen des EU-Emissionshandels für
Energie und Verkehr (ETS-I) energieintensiven Unternehmen kostenlos Emissionszertifikate zu, wenn sie im
internationalen Wettbewerb stehen. Sie hat die Einführung eines CO2-Grenzsteuerausgleichs beschlossen,
der nach und nach die kostenlose Zuteilung ablösen soll.
Verringerung von Rebound-Effekten
Effizienterer Energieeinsatz kann zu Rebound-Effekten führen: Weniger Energieeinsatz in der Herstellung
oder Nutzung eines Produktes senkt tendenziell die Kosten und führt zu Einsparungen beim Konsumenten.
Das freigewordene Budget kann für eine höhere Nachfrage nach dem nun günstigeren Produkt oder nach
anderen klimaschädlichen Produkten eingesetzt werden.
Anders als einmal gesetzte technische Standards wirken CO2-Preise auch Rebound-Effekten entgegen.
Denn die mit dem Einsatz fossiler Energien verbundenen Preise und damit die Anreize zu
emissionsärmeren Alternativen bleiben auch nach Effizienzsteigerungen bestehen. Die Instrumente
Emissionshandel und CO2-Steuer unterscheiden sich hierbei: Eine Steuer muss angehoben werden, wenn
der Rebound-Effekt vollständig ausgeglichen werden soll. Ein auf dem Cap-and-Trade-Prinzip basierender
Emissionshandel begrenzt effektiv Rebound-Effekte in den von ihm umfassten Sektoren, weil jede
zusätzliche Nachfrage nach CO2-intensiven Produkten durch die feste Obergrenze an verfügbaren
Emissionszertifikaten begrenzt wird. Andererseits können aus unerwarteten Effizienzgewinnen – etwa bei
unerwartetem technischem Fortschritt – keine zusätzlichen Emissionsminderungen resultieren, solange
nicht die Menge der verfügbaren Zertifikate gesenkt wird.
Verteilungswirkung
CO2-Bepreisung wirkt in der Regel regressiv: Haushalte mit niedrigerem Einkommen sind in der Regel
anteilmäßig stärker betroffen als solche mit hohem Einkommen, denn sie wenden prozentual mehr von
ihrem Einkommen für Energieverbrauch und energieintensive Güter und Dienstleistungen auf.
Beispielsweise würde die Mobilität und das Heizen auf Basis fossiler Brennstoffe deutlich teurer. Eine
Klimaschutzpolitik, die ausschließlich auf Preismechanismen setzt, das heißt ohne ausgleichende
Maßnahmen emissionsintensive Energie verteuert, kann schwere sozialpolitische Folgen haben.
Aber auch andere Instrumente der Klimapolitik belasten, je nach Ausgestaltung, Haushalte mit niedrigem
Einkommen besonders schwer: Höhere Emissionen aufgrund ineffektiver oder nicht ergriffener
Klimaschutzmaßnahmen führen zu größeren Klimaschäden, von denen weltweit besonders Menschen in
ärmeren Länder betroffen sind. Technische Standards und andere ordnungsrechtliche Maßnahmen können
ebenfalls zu Preiserhöhungen führen, die Haushalte mit niedrigem Einkommen stärker belasten;
Subventionen können Haushalte mit ohnehin hohem Einkommen weiter begünstigen, zu Lasten der
Allgemeinheit; marktregulierende Instrumente wie Einspeisevergütungen verursachen der Allgemeinheit
bzw. allen Verbrauchern Kosten, fließen aber überwiegend einkommensstärkeren Haushalten zu und sind
regional sehr ungleich verteilt. CO2-Bepreisung gilt in der Ökonomik als effizientestes Instrument der
Klimapolitik, also als dasjenige, das eine Volkswirtschaft am wenigsten belastet und insoweit der
Gesellschaft mehr Mittel für einen sozialen Ausgleich zur Verfügung stehen.
Im Vergleich zu anderen Instrumenten der Klimapolitik bieten CO2-Preise zudem den Vorteil, dass sie
staatliche Einnahmen generieren – seien es Steuereinnahmen oder die Erlöse aus der Versteigerung von
Emissionszertifikaten. Mit den Einnahmen lässt sich ein sozialer Ausgleich finanzieren. Schon eine
Rückverteilung der Einnahmen in gleicher Höhe für jeden Bürger gleicht in den meisten Fällen regressive
Effekte einer CO2-Bepreisung aus (→ Klimadividende bzw. Klimageld). Auch Steuersenkungen oder gezielte
Hilfen sind möglich für Haushalte, die ein geringes Einkommen haben oder von Energiearmut betroffen
sind. Es lässt sich zeigen, dass selbst ein niedriger Preis auf CO2 zur Finanzierung eines Zugangs zu
sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtung ausreichend sein kann. Soziale Ausgleichsmaßnahmen
sollten allerdings die vom CO2-Preis geschaffenen Anreize der Emissionsminderung nicht konterkarieren,
beispielsweise indem sie den Energieverbrauch verbilligen.
Implementierte Preissysteme
Im Jahr 2024 gab es weltweit 75 Systeme zur CO2-Bepreisung, die etwa ein Viertel der weltweiten
Treibhausgasemissionen erfassten.
Deutschland
Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina nannte einen einheitlichen und sektorübergreifenden
CO2-Preis in einer 2019 publizierten Stellungnahme das „wichtigste Leitinstrument für einen effektiven
Klimaschutz“ und forderte dessen rasche Einführung. Damit die Klimapolitik zudem wirksam, kosteneffizient
und sozial ausgewogen ist, müsse dieser Preis zudem bereits bei Einführung erheblich höher sein als die
Preise im EU-Emissionshandel, die bei Veröffentlichung Mitte 2019 bei etwa 25 Euro pro Tonne lagen. Der
CO2-Preis müsse zugleich „als unverrückbare klimapolitische Strategie erkennbar sein“. Zugleich betonte
sie, dass die Kohlendioxidbepreisung alleine nicht ausreichend sei für eine hinreichende Klimapolitik,
sondern von flankierenden Klimaschutzinstrumenten begleitet werden müsse.
Das Klimakabinett der Bundesregierung legte im September 2019 das Klimapaket vor. Dieses
Maßnahmenbündel sah u. a. die Einführung eines CO2-Preises in den Sektoren Gebäude, Verkehr,
Abfallwirtschaft und Kleinindustrie vor. Zunächst sollte die Höhe 10 Euro pro Tonne CO2 ab 2021 betragen.
Zur Umsetzung beschloss das Bundeskabinett am 23. Oktober 2019 den Entwurf zum Gesetz über ein
nationales Emissionshandelssystem für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz –
BEHG). Nach Verhandlungen mit dem Bundesrat wurde der Einstiegspreis auf 25 Euro pro Tonne erhöht.
Mit der beschlossenen Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes am 8. Oktober 2020 im
Bundestag, wird nun der CO2-Preis auf 55 € im Jahr 2025 steigen, um dann in ein Handelssystem mit
Preiskorridor überzugehen.
Die in Deutschland mit Einführung des BEHG beschlossenen Rückverteilungsmaßnahmen (Absenkung der
EEG-Umlage, Erhöhung der Entfernungspauschale, Mobilitätsprämie ab dem 21. Kilometer) werden für den
Verkehrssektor als nicht ausreichend und zu wenig zielgenau kritisiert. Es gibt Reformvorschläge, die die
soziale Lenkungswirkung verbessern und Umstiegsalternativen für fossile Verkehrsträger für Haushalte aller
Einkommensklassen ermöglichen sollen.
Rezeption
Die „Erklärung der Ökonomen zum Klimawandel“ wurde 1997 von über 2500 Ökonomen weltweit
unterzeichnet, darunter neun Nobelpreisträger. Diese Erklärung fasst die wissenschaftlichen Argumente für
die CO2-Bepreisung wie folgt zusammen:
„Der effizienteste Ansatz zur Verlangsamung des Klimawandels ist eine marktbasierte Politik. Damit die Welt
ihre Klimaziele zu minimalen Kosten erreichen kann, bedarf es eines kooperativen Vorgehens der Nationen
– etwa eines internationalen Emissionshandelsabkommens. Die Vereinigten Staaten und andere Nationen
können ihre Klimapolitik am effizientesten durch Marktmechanismen wie CO2-Steuern oder die
Versteigerung von Emissionszertifikaten umsetzen.“
Im Jahr 2019 forderte der UN-Generalsekretär die Regierungen der Welt auf, Kohlenstoff zu besteuern.
Die Klimawissenschaftlerin Brigitte Knopf fordert eine nachhaltige Finanzreform in Deutschland und auf
internationaler Ebene: „Neben dem Abbau von fossilen Subventionen muss eine solche Reform einen
wirksamen CO2-Preis beinhalten.“ Sie argumentiert, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zur
Senkung anderer Steuern verwendet werden könnten.
Der Vorstandschef des weltgrößten Rückversicherers Munich Re, Joachim Wenning, forderte im Juni 2019
die Politik auf, die Kosten für den CO2-Ausstoß deutlich zu erhöhen. Andernfalls laufe man Gefahr, die Ziele
des Pariser Klimaabkommens zu verfehlen. Bis zum Ende des Jahrhunderts sei ansonsten mit einem
Anstieg der globalen Temperaturen um 3½ Grad zu rechnen, warnte Wenning.
Weltbank und Internationalen Währungsfonds (IWF) setzen sich für eine CO2-Bepreisung ein. 2021 forderte
der IWF die G20 auf, bis 2030 einen CO2-Mindestpreis von 75 Dollar/Tonne für emissionsintensive
Industrien und Energiewirtschaft einzuführen. Dies sei nötig, um das Pariser Klimaschutzabkommen
einzuhalten.
Quelle: leicht verändert nach https://de.wikipedia.org/wiki/CO2-Preis